Zum 90. Mal jährt sich am 2. Mai 2023 der Jahrestag der „Zerschlagung der Gewerkschaften“. 1933 drangen SA, SS und Polizei in die Gewerkschaftshäuser ein und besetzten sie. Gewerkschafter*innen wurden festgesetzt, viele (zusammen)geschlagen. Die Nazis beschlagnahmten Gewerkschaftskassen und -mitgliederlisten. Viele Gewerkschaftskolleg*innen wurden in den Gestapokellern schwer misshandelt und gefoltert oder kamen in die ersten KZs. In Essen wurden 4 Gewerkschaftsfunktionäre erschlagen und verscharrt.
Dieses Ereignis hatte eine Vorgeschichte.
Hindenburg übergab am 30. Januar 1933 die Macht an Hitler. Es gab es kaum Protest der Freien Gewerkschaft, stattdessen erklärten sie: „Um Angriffe gegen Verfassung und Volksrechte im Ernstfall wirksam abzuwehren, ist kühles Blut und Besonnenheit erstes Gebot. Laßt euch nicht zu voreiligen und darum schädlichen Einzelaktionen verleiten.” So sollte auch dem Aufruf der KPD zum Generalstreik und deren Forderung nach Bildung einer „Einheitsfront“ abgelehnt werden.
Die NSDAP baute ihre Macht immer weiter aus, Gewerkschaftszeitungen verboten, SPD eingeschränkt, KPD verboten, Kommunisten und Sozialdemokraten verhaftet. In März und April verschärften sich die Bedingungen für die Gewerkschaften.
Die Gewerkschaftsführung verkannte massiv die politischen Ziele der Nationalsozialisten und unterschätzten die brutale Gewalt, mit der diese durchgesetzt wurden. Anders als die Nazis, die durchaus die Kämpfe von Sozialdemokrat*innen, Kommunist*innen und Gewerkschafter*innen fürchteten, erkannte auch die ADGB-Führung dieses Potential nicht. Stattdessen wurde versucht, „das Lebensrecht der Gewerkschaften auch in dem neuen Staat zu wahren“, so der Bundesausschuss des ADGB. So rief der ADGB-Bundesvorstand seine Mitglieder zur Teilnahme am von den Nazis als „Nationaler Feiertag der Arbeit“ instrumentalisierten 1. Mai auf: "Der deutsche Arbeiter soll am 1. Mai standesbewußt demonstrieren und ein vollberechtigtes Mitglied der deutschen Volksgemeinschaft werden“.
Die Nationalsozialist*innen übernahmen den 1.Mai und feierten ihn orchestriert allein in ihrem Sinne. Am 2.Mai wurde der Plan weiter fortgesetzt: Die Gewerkschaftshäuser wurden gestürmt, besetzt, geraubt. Gewerkschafter*innen wurden misshandelt und getötet. Dies war das Ende der Freien Gewerkschaften und die schwerste Niederlage der deutschen Arbeiterbewegung. Mit der Zerschlagung von Arbeiterparteien und Gewerkschaften hatten sie die stärkste Bastion, die sie und ihre Machte hätte hindern könne, beiseite geräumt.
Bis zur Gründung der DAF (Deutsche Arbeiterfront) am 10. Mai, in die die Mitglieder der einst Freien Gewerkschaften eingegliedert wurden, war es dann nur noch ein kleiner Schritt. Die Gewerkschaften waren gleichgeschaltet.
Noch am 13.Februar 1933 hatte der stellvertretende ADGB-Vorsitzenden, Peter Graßmann, beim Führerappell der Eisernen Front erklärt
„Der Generalstreik ist eine furchtbare Waffe nicht nur für den Gegner, ihn veranlassen und verantworten kann man nur, wenn es gar nicht mehr anders geht, wenn es sich um Leben und Sterben der Arbeiterklasse handelt.“
Dieses Ende wurde nicht gesehen.
Eine ausführliche Zeitleiste unter dem Titel: "1933 - Gewerkschaften zwischen Anpassung und Widerstand" gibt es auf den ver.di-Seiten: https://kurzelinks.de/qkpm
Auf ihrem Online-Angebot zur Gewerkschaftsgeschichte hat die Böckler-Stiftung eine umfangreiche Dokumentation unter dem Titel: "2. MAI 1933 Die Zerschlagung der Gewerkschaften" veröffentlicht: https://kurzelinks.de/fdim
Vom DGB sind unter dem Titel: "2. Mai 1933. Fünf Gewerkschafterschicksale im Konzentrationslager Sachsenhausen" online unter https://kurzelinks.de/jw8d